(Bild in Lizenz von gevisions – stock.adobe.com) Ein sinnlicher Name beschreibt die nördliche Ostsee: Ihr Bottnischer Meerbusen reicht vom Schärengarten Ålands bis hoch in den Norden, über den 66. Breitengrad hinaus. Im Satellitenbild erinnern seine Umrisse eher an eine gestreckte Acht. An ihrer Verengung liegen das schwedische und das finnische Ufer nur 50 bis 70 Kilometer auseinander. Diese Engstelle nennen die Skandinavier Kvarken, ein altes Wort für Hals.
Südlich des Kvarken weitet sich der Bottnische Meerbusen und ist deutlich breiter als die Ostsee zwischen Deutschland und Schweden. Dieser Teil nennt sich Bottensee und weist eine Fläche auf, die etwas größer als der Freistaat Bayern ist. Nördlich des Kvarken wird der Bottnische Meerbusen ebenfalls breiter und endet an der Landbrücke zwischen Schweden und Finnland. Dieser Teil nennt sich Bottenwiek. Sie ist etwa halb so groß wie die Bottensee und führt der Ostsee sehr viel Süßwasser zu, weil die Gebirgsflüsse Torne älv, Kalixälv, Lule älv, Pite älv und Skellefte älv in ihr münden.
Reisewege im und am Bottnischen Meerbusen
Der Bottnische Meerbusen führt auf schwedischer Seite die Europastraße 4 hinauf bis Umeå, Luleå und Haparanda; auf finnischer Seite die E8 bis Oulu und Kemi. Ein günstiges Verkehrsmittel ist die Schwedische Bahn von der Stockholmer Centralstation Richtung Umeå. Sie hält unterwegs in allen größeren Städten an der Bottensee: Gävle, Hudiksvall, Sundsvall und so weiter. Die Fahrtzeit bis Umeå beträgt 6 1/2 bis 8 Stunden. Das Ticket kostet umgerechnet zwischen 65 und 125 Euro – je nach Verbindung.
Umeå ist eine der wenigen Großstädte in Nordschweden und liegt direkt am Kvarken. Um weiter hinauf bis zur Bottenwiek mit seinen kleineren Hafenstädten und Schärengärten zu gelangen, kann man die regionalen Bahnen bis Boden und Luleå nehmen. Alternativ fahren zwischen Umeå und Luleå Überlandbusse. Von Boden verkehrt auch eine regionale Bahn bis Haparanda, das nicht nur an der Grenze zu Finnland, sondern auch an einem der nördlichsten Ausläufer des Bottnischen Meerbusens liegt.
Einen Reiseweg auf See bildet die Ostseefähre zwischen Umeå und dem finnischen Vasa. Sie verkehrt mehrmals täglich und benötigt ab Vasa 3 1/2 und ab Umeå 5 Stunden für die Überfahrt. Ein Gedankenspiel für die Zukunft ist der Bau einer Brücke über den Kvarken, die mindestens 40 km lang sein müsste, um den Bottnischen Golf zu überwinden. Konkrete Baupläne für diese „Monstrum“ gibt es allerdings noch nicht. Über die Frage, ob sich die Investition lohnen würde, streiten Befürworter und Gegner. Sie sollten bedenken, dass viele Fährverbindungen auf dem Gewässer wegen fehlender Rentabilität eingestellt wurden.
Die Bottensee und ihre Hafenstädte
Der Küstenabschnitt zwischen der Region Roslagen, nördlich von Stockholm, und der Meerenge Kvarken ist über 500 Kilometer lang. Es ist denkbar, ihn etappenweise zu erkunden oder einen Abschnitt für einen längeren Aufenthalt zu wählen. Dafür bietet sich besonders die Landschaften Gästrikland bei Gävle und Hälsingland bei Hudiksvall an. Beide Städte sind traditionsreiche Hafenstädte an der Bottensee und bieten genug Infrastruktur für Reisende. Hinzu kommt mit Sundsvall eine der schönsten Städte Schwedens:
- Gävle: Die südlichere der beiden Hafenstädte in der Region Gävleborg ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt und liegt dadurch auf vielen Rundreiserouten. Trotz ihrer langen Geschichte weist die Stadt keine geschlossene Altstadt auf, da diese mehrmals niedergebrannt ist. Ein Rundgang durch den Stadtkern am Gävleån lohnt sich trotzdem, weil man dabei nicht nur verbliebenen Holzhäuschen aus dem 17. und 18. Jahrhundert, sondern auch den schönen Gävle Park, das Gävle Schloss und einige schmucke Stadthäuser der Gründerzeit entdecken kann. Zum weiteren Zeitvertreib bietet Gävle zwei unterhaltsame Einrichtungen – zum einen das Schwedische Gefängnismuseum und zum anderen den Tierpark „Furuviken“ etwas außerhalb. Wer sportlichen Ausgleich sucht, kann in Schwedens größter Extremsportarena „DOME Adrenaline Zone“ beim Klettern oder Trampolin springen aktiv werden.
- Hudiksvall: Die nördlichere der beiden Hafenstädte in der Region Gävleborg hat eine bewegte Geschichte und so etwas wie ein Goldenes Zeitalter erlebt – als nämlich der Export vieler Holzwaren des Nordens über seinen Hafen lief. Die damaligen Holzpatrone ermöglichten den Bürgern der Stadt ein relativ wohlhabendes und gesellschaftlich ungezwungenes Leben. Spuren davon kann man noch in der tollen Altstadt Fiskarstaden und im historischen Hafenareal „Sjöbodarna“ sehen. Im Vergleich zu Gävle hat Hudiksvall die schönere Lage zu verbuchen, weil es an einem Schärengarten liegt. Das Ausflugsboot M/S Hulda kann für Touren durch die Insellandschaft genutzt werden. Ein beliebtes Ausflugsziel ist Kuggören, ein gemütliches Fischerdörfchen. Wanderer lockt die Halbinsel Hornslandet. Im Umland von Hudiksvall stehen die traditionellen Hälsingehöfe in der Landschaft verstreut. Sie wurden 2012 als Welterbe anerkennt, weil sie auf das 18. und 19. Jahrhundert zurückgehen und besonders reich dekoriert und gestaltet sind.
- Sundsvall: Die Hauptstadt der Region Västernorrland unterscheidet sich von vielen schwedischen Städten in ihrer Größe durch eine steinerne Altstadt mit zum Teil prächtigen Bauten aus der Gründerzeit. Einheimische nennen sie liebevoll „Stenstan“. Rund um Stortorget und Olof Palmes Torg kann man großstädtisch flanieren, bummeln und shoppen. Ähnlich wie in Stockholm und Östersund, gibt es auch in Sundsvall ein Freilichtmuseum in Zentrumsnähe – es heißt „Norra Berget“ und veranschaulicht das Leben und den Alltag der einheimischen Bevölkerung im 17. und 18. Jahrhundert. Vor den Toren der Stadt liegt die Insel Alnön mit dem idyllischen Naturreservat Stornäset und dem Fischerdörfchen Spikarna.
Kvarken und das Welterbe Höga Kusten
Seit 2006 gehören viele Schäreninseln im Kvarken zum Welterbe Höga Kusten. Als besonders schutzwürdig gilt die Region, weil sie so gute Bedingungen bietet, um das Phänomen der Landhebung wissenschaftlich zu untersuchen. Infolge der Eiszeit gewinnt die Landmasse hier tatsächlich permanent ein Stück an Höhe und steigt somit an den Uferlinien langsam über den Meeresspiegel der Ostsee. Inseln vergrößern sich und die Zahl an Untiefen nimmt zu. Auch wenn es sich nur um wenige Millimeter pro Jahr handelt, ist der Effekt an vielen Stellen schon nach zwanzig oder dreißig Jahren deutlich zu sehen, weil der Kvarken ein flaches Höhenprofil aufweist.
Was gibt es in der Region zu sehen? – Blickfang Nummer eins ist die Höga-Kusten-Hängebrücke, welche die Mündung des Ångermanälvs imposant überspannt. Sie wurde 1997 eröffnet und bereitet der E4 zwischen Kramfors und Härnösand den Weg. In Härnösand gibt es das Freilichtmuseum Murberget, eine Kunsthalle, das Naturreservat Smitingen mit Klippen, Grotten und Badestelle. Die bunten Holzhäuschen im Stadtteil Östanbäcken sind ein sehenswertes Baudenkmal. Innerhalb des Welterbes liegen folgende Attraktionen:
- Skuleskogen Nationalpark: Direkt am Bottnischen Golf gelegen, imponiert die Landschaft mit urigen Wäldern, schroffen Felsen, Schluchten wie Slåttdalsskrevan, Süßwasserseen, kleinen Wasserfällen und vielen schönen Ausblicken aufs Meer. Innerhalb des Nationalparks gibt es zahlreiche Wanderwege, Feuerstellen, drei Zeltplätze sowie eine Badestelle. Ein bekanntes Wander-Event ist der „Höga Kusten Hike“, welche jährlich an drei Julitagen stattfindet.
- Högbonden: Wie überall in den Schären vor Schweden gibt es auch an der Höga Kusten Ausflugsboote. Eine beliebte Linie führt die Besucher von Barsta und Bönhamn mehrmals täglich auf die Insel Högbonden – mit dem weißen Leuchtturm als Wahrzeichen, einem Café und einem Naturreservat.
- Ulvöarna: Oft ist von der „Perle“ der Höga Kusten die Rede. Die Inselgruppe liegt im Meer vor dem Skuleskogen und wird von den Anlegestellen in Ullånger, Docksta, Norrfällsviken und Köpmanholmen angefahren. Malerisch liegt das Fischerdorf Ulvöhamn in einer sanften Bucht und die weiße Kapelle erhebt sich oberhalb. Aktivurlauber erkunden das Archipel mit Kajaks oder Booten. Auf dem Land kann man viele Kilometer mit dem Rad zurücklegen.
- Trysunda: Eine weitere Inselgruppe, die zugleich ein Naturreservat ist. Es gibt ein kleines Fischereimuseum und eine sehenswerte, alte Fischerkapelle. Die Landschaft hat vulkanische Ursprünge und zeigt sich teils zerklüftet und farbenfroh, weil mehrere Gesteinsschichten offen zu Tage treten. Es gibt stille Sandstrände und eine Grotte, in der früher Vanadinerz abgebaut wurde. Die Inseln ziehen auch viele Vogelbeobachter an.
Größte Inseln im Kvarken
Vor der Küste liegen im Kvarken über 7.000 Inseln. Die größten von ihnen sind Björkö und Replot auf finnischer Seite sowie Holmö auf schwedischer:
- Holmö: Vor der Küste bei Umeå erstreckt sich diese Inselgruppe mit Gästehafen und Bootsmuseum in Byviken, Leuchtturm auf Holmögadd und einem Naturreservat. Die Landschaft dieser flachen, steinigen und kargen Inseln erinnert an schwedische Fjällgebiete und unterscheidet sich stark vom Skuleskogen.
- Replot: Von Vaasa aus erreichbar, bietet diese Insel Badestrände, Wanderwege, Gästehäfen, ein Agrarmuseum, ein Motormuseum, ein Freilichtmuseum und die schön gelegenen Schäreninseln Norrskär und Valsörarna mit Leuchttürmen.
- Björkö: Von Replot aus angebunden, findest Du im Hauptort Svedjehamn das Café und Bootmuseum „Salteriet“. Es gibt eine jährliche Regatta, „Postrodden“, welche von hier aus startet. Die Ausflugsboote nach Valsörarna legen im kleinen Hafen ab. Der Lehrweg „Bodvattnet runt“ informiert über die Besonderheiten der Landschaft. Vom teerfarbigen „Saltkaret“-Aussichtsturm eröffnet sich ein weiter Ausblick.
Die Bottenwiek und ihre Schärengärten
Nördlich des Kvarken führt die schwedische Küste bis zur Binnengrenze zu Finnland. Die Landschaft längs des Meeres wird wieder flacher und weitläufiger. Ihre Ausläufer sind aber deutlich dynamischer und zerklüfteter als an der Bottensee.
Wo die großen Gebirgsflüsse aus dem Skanden münden, erstrecken sich kleinere und größere Inselwelten. Man fasst sie zu den Schärengärten von Piteå, Luleå und Haparanda zusammen. Viele Schäreninseln sind geschützt, manche sogar Teil eines Nationalparks. Sie haben sich in den letzten Jahren jedoch einem sanften Tourismus geöffnet – vor allem stehen sie Tagesgästen offen, die mit Ausflugsbooten zu ihnen gelangen. Wer sich mehr Zeit nimmt, kann hier Aktivitäten wie Angeln, Jagen, Eisfischen, Skilaufen und verschiedenen Wassersportarten nachgehen.
Zu den wenigen touristischen Zentren zählt die Hafenstadt Luleå mit ihrem Welterbe Gammelstads kyrkstad (auf Deutsch: Kirchendorf von Gammelstad). Dabei handelt es sich um eine gut erhaltene Siedlung von über vierhundert Holzhäuschen. Sie dienten über mehrere Jahrhunderte als Übernachtungsmöglichkeiten für die Bewohner der Region, die zum Gottesdienst nach Luleå anreisten. 1996 wurden sie zum UNESCO-Welterbe erklärt. Ähnliche Kirchendörfer sind in Schweden nur wenige erhalten – darunter Lappstaden in Arvidsjaur, Fatmomakke bei Vilhelmina, Öjebyn in Piteå sowie Lövånger und Bonnstan in Skellefteå. Keines davon ist auch nur annähernd so groß wie das Kirchendorf von Gammelstad.
Persönliches Fazit
Der Bottnische Meerbusen bildet mit seinen Küstenstreifen und Inseln eine attraktive Urlaubsregion, die momentan noch wenig frequentiert ist. Doch der Tourismus schläft nicht: Es heißt, dass die Höga Kusten in Schweden zu den Top-Wachstumsregionen in Sachen Urlauberzahlen und Übernachtungen gehört. Dem entsprechend wird die Abdeckung mit Unterkünften und Ferienhäusern in den nächsten Jahren stark zunehmen. Auch Sundsvall erlebt durch Kreuzfahrtschiffe durchaus turbulente Sommertage. Die Gebiete am Bottenwiek öffnen sich eher einem sanften Tourismus. Hier gibt es auch für erfahrene Schwedenreisende noch viel Unbekanntes und Neues zu entdecken.
Wenn Du Lust darauf bekommen hast, die schwedische Küste bis nach Haparanda hinauf zu erkunden, kannst Du Dich bei Fragen gerne an mich wenden. Umgekehrt freue ich mich natürlich über einen Erfahrungsbericht von Deiner Reise!
interessante Informationen zu schwedens Mitte. Sicher eine Reise wert, wie das ganze übrige Land auch.
Hej Lothar,
ja, in der Tat liegt die Region um Sundsvall in der geographischen Mitte Schwedens. Man mag es kaum glauben! In den politischen Karten wird ja bereits Gävle zu Nordschweden gerechnet. Der Norden wird also größer gemacht, als er ohnehin schon ist.
Blau-gelbe Grüße – S.